Wahlkampf mit WhatsApp

Der WhatsApp-Messenger ist die mit 58 Millionen Mitgliedern meist genutzte App in Deutschland. Ein Grund, WhatsApp im Wahlkampf einzusetzen. Als digitaler Kanal eignet sich der Messenger, um eine junge Zielgruppe anzusprechen und den Wahlkampf zu koordinieren.

Der WhatsApp-Messenger ist die mit 58 Millionen Mitgliedern meist genutzte App in Deutschland. Mit WhatsApp kann man chatten sowie Bild-, Video- und Audiodateien an Freunde und Freundinnen, Familie sowie Kollegen und Kolleginnen versenden. Die meisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen verwenden Messaging-Apps häufiger und ausgiebiger als soziale NetzwerkeAuch der Trend zu Audioinhalten zeigt sich bei der Nutzung von WhatsApp, viele nutzen Sprachnachrichten, um zu kommunizieren.

Warum eignet sich WhatsApp für den Wahlkampf?

Mit WhatsApp können Wähler und Wählerinnen direkt in ihrer Lebenswelt erreicht werden, Push-Nachricht erscheinen bei vielen direkt auf dem Bildschirm, während in sozialen Netzwerken die Posts im Newsfeed untergehen und man mit vielen anderen um die Aufmerksamkeit buhlt. WhatsApp ist unmittelbarer.

Liveberichterstattung per WhatsApp

Jens Zimmermann, Bundestagsabgeordneter der SPD, berichtete per WhatsApp von der Bundesversammlung und der Wahl des neuen Bundespräsidenten. Während der Veranstaltung konnte man ihm quasi über die Schulter schauen. In sympathischer Art berichtete er chronologisch mit Text und Bildern über den die Bundesversammlung und den Wahlvorgang.

Jens Zimmermann, SPD – Wahlkampf mit WhatsApp

Er sieht sein Angebot als Ergänzung: ,,Das Thema “Second Screen” ist bereits bei vielen Fernsehsendern ein großes Thema. Für mich war klar, dass dieses Interesse auch bei einer Bundespräsidentenwahl da ist und es Zuschauer gibt, die vor ihrem Fernseher oder vor ihrem Notebook sitzen und mit Smartphone und Tablet einem zweiten Kanal nutzen wollen.“

Für ihn war der Liveticker ein voller Erfolg, er hätte jetzt ein Gefühl dafür, wie dieser Kommunikationskanal zu benutzen ist100 Nutzer und Nutzerinnen haben sich für das Angebot registriertUnd das Angebot wurde positiv aufgenommen: „Aus meinem Wahlkreis habe ich die Rückmeldungen bekommen, dass es toll war, von “seinem Delegierten” bei einem besonderen Ereignis mit persönlichen Eindrücken begleitet zu werden.“

In seinem WhatsApp Newsletter berichtet Zimmermann außerdem über seinen Wahlkreis und die Arbeit in Berlin sowie von seiner Veranstaltungsreihe „kleinster Biergarten der Welt“.

Bürgersprechstunde auf WhatsApp

Die SPD-Landtagsabgeordnete Sarah Philipp informiert auf WhatsApp über ihre Arbeit im Landtag und in ihrem Wahlkreis, inhaltlich bezieht sie sich auf Themen oder Veranstaltungen, die lokal von besonderer Relevanz sind.

Sarah Philipps, SPD – Wahlkampf mit WhatsApp

Sie bewirbt ihr Angebot in der Lokalpresse oder bei Besuchergruppen, die sie im Landtag empfängt. Die Sprechstunden werden gut angenommen, das sei auch logisch, denn ,,wo sonst gibt es eine so niedrigschwellige Möglichkeit direkt mit „seinem“ Abgeordneten ins Gespräch zu kommen?”. Allerdings, so schränkt sie ein, wären eher es eher politikaffine Menschen, die sich für den WhatsApp Dienst anmelden, die breite Masse erreiche sie dadurch nicht.

Neben dieser eher einseitigen Kommunikation biete ich zudem WhatsApp-Sprechstunden an. Hier trete ich dann in den direkten Austausch mit meinen Abonnenten. Neben Lob, Kritik und Diskussionen zu verschiedenen Sachfragen nehme ich hier mitunter auch ganz konkrete Arbeitsaufträge aus dem Wahlkreis mit.“

Lars Klingbeil nutzt WhatsApp für seine Sprechstunde

Auch Lars Klingbeil, Bundestagsabgeordneter der SPD, nutzte WhatsApp, um eine Sprechstunde durchzuführen. Diese kündigte er vorher in sozialen Netzwerken oder in der Zeitung an „Früher hat man seinem Abgeordneten einen Brief geschrieben und vier Wochen später eine Antwort bekommen. Jetzt geht das schnell und unmittelbar“. Es seien seiner Erfahrungen nach vor allem Bürger und Bürgerinnen die das Angebot annehmen, die er bei den bekannten politischen Veranstaltungen oder Diskussionen nicht wahrnimmt. Ob er darüber hinaus WhatsApp im Wahlkampf einsetzen wird, weiß er noch nicht, aber er kann sich vorstellen, die App als Kommunikationstool zu verwenden, um freiwillige Wahlkampfhelfende dort zu vernetzen.

WhatsApp im Wahlkampf ist ein Experimentierfeld

WhatsApp kann als Monolog Media genutzt werden, in Form von Newslettern oder zur Berichterstattung von Veranstaltungen. Bürgersprechstunden können über die App realisiert werden und Bürger oder Bürgerinnen haben die Möglichkeit, mit ihren Anliegen niedrigschwellig an den Politiker oder die Politikerin heranzutreten. WhatsApp kann auch einfach neben Email, Telefon und persönlichem Gespräch als weiteres Kommunikationsmittel angeboten werden. Außerdem ist durch die exklusive und persönliche Ansprache der Messenger auch dazu geeignet, potentielle Wahlkampfmultiplikatoren sowie Helfende zu rekrutieren oder zu vernetzen. Es ist wahrscheinlich, dass ein WhatsApp-Kontakt zum freiwilligen Engagement im Wahlkampf eher bereit ist als ein Facebook-Follower oder Followerin. Denn wer sich entscheidet über WhatsApp Nachrichten zu erhalten, ist schon eher ein politikaffiner Mensch, der auch schon meist auch eine bestimmten Parteipräferenz bzw. eine Wahl getroffen hat.

Für wen die Kommunikationsform per WhatsApp nichts ist, kann es halten wie der Bundespräsident Österreichs Alexander van der Bellen, der WhatsApp auch als Kampagnenkanal im Wahlkampf nutzte. An seinem Beispiel kann man sehen, dass auch WhatsApp für PolitikerInnnen geeignet sind, die weniger medienaffin sind. Während er die Sprachnachrichten aufnahm, und so eine Nähe zu den Wähler und Wählerinnen herstellte, kümmerte sich sein Team um Text, Bilder und Videos.

Die Artikelserie Junge Wähler und Wählerinnen erreichen – Wahlkampf mit Instagram, WhatsApp, Snapchat und Tinder wurde 2017 auf politik-digital.de publiziert.

Eine Zusammenfassung meiner Beiträge gibt es auf machs-ab-16.de, der Kampagnenplattform für die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre.

Titelbild: Canva
Bilder im Text: Screenshot Whatsapp Jens Zimmermann, Screenshot Whatsapp Sarah Philipp